Freitag, 28 März 2025 12:41

Rekordschäden durch Betrug im Gesundheitswesen

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Betrug im Gesundheitswesen Betrug im Gesundheitswesen pixabay/ Foto illustrativ

In den Jahren 2022 und 2023 verzeichneten gesetzliche Krankenkassen in Deutschland Betrugsschäden in Höhe von über 200 Millionen Euro. Der Spitzenverband der Krankenkassen dokumentiert in einem aktuellen Bericht massive Missstände, vor allem durch gefälschte Rezepte und betrügerische Abrechnungen im Pflegesektor. Die Aufdeckungen betreffen nahezu alle Leistungsbereiche der Gesundheitsversorgung.

Inhaltsverzeichnis:

Gefälschte Rezepte für Lonsurf und Ozempic treiben Schaden in die Höhe

Besonders auffällig sind Betrugsfälle mit teuren Medikamenten wie Lonsurf und Ozempic. Laut dem Bericht wurden Rezepte manipuliert oder vollständig gefälscht, um sich kostenintensiven Zugang zu den Präparaten zu verschaffen. Im Januar warnte die AOK Nordost vor Rezeptfälschungen für das Krebsmedikament Lonsurf. Eine Packung kostet in Online-Apotheken mehr als 3.200 Euro. Bei erfolgreicher Fälschung erhalten Kriminelle das Medikament kostenlos und verkaufen es weiter.

Ein ähnliches Vorgehen zeigt sich bei der Abnehmspritze Ozempic. Die Spritzen kosten zwischen 80 und 217 Euro je nach Dosis. Auch hier nutzen Täter gefälschte Rezepte, um das Medikament zu beschaffen und gewinnbringend weiterzugeben. Besonders betroffen sind Schmerzmittel wie Tilidin und Fentanyl, die in der Drogenszene kursieren.

Betrug mit Papierrezepten und Pflegeleistungen im Fokus

Der größte finanzielle Schaden im Bereich Arzneimittel entstand durch gefälschte Papierrezepte – fast 86 Millionen Euro. Die Krankenkassen konnten davon nur rund 37 Millionen Euro zurückholen. In einem dokumentierten Fall wurde ein Rezept in einer Apotheke eingelöst, die Hunderte Kilometer vom Wohnort der Versicherten und der Arztpraxis entfernt lag. Teilweise wurden Rezepte sogar nach dem Tod der Versicherten eingereicht.

Fast 50 Prozent der Verdachtsmeldungen entfielen auf die Pflegebranche. Dienstleister rechneten dort systematisch zu viele oder gar nicht erbrachte Leistungen ab. Zudem wurden gefälschte Berufsurkunden und Patientenunterschriften vorgelegt. Der Schaden belief sich auf über 62 Millionen Euro, von denen nur 21 Millionen Euro gesichert wurden.

Scheinfirmen mit osteuropäischen Strohmännern erschleichen Sozialleistungen

Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf professionellen Betrugsstrukturen. Kriminelle Netzwerke gründen Scheinfirmen und setzen suchtkranke Personen aus Osteuropa als formelle Geschäftsführer ein. Die Firmen existieren nur auf dem Papier. Es werden fingierte Beschäftigungsverhältnisse gemeldet, um Sozialleistungen wie Krankengeld, Bürgergeld oder Arbeitslosengeld zu erschleichen.

Diese Methode führt zu Schäden bei mehreren Sozialversicherungsträgern gleichzeitig. Die Täter operieren in organisierten Strukturen, die zunehmend schwer zu durchschauen sind. Laut GKV-Spitzenverband handelt es sich nicht mehr um Einzelfälle, sondern um gezielte und koordinierte Betrugsstrategien.

Spitzenverband fordert zentrale Datenanalyse und besseren Informantenschutz

Insgesamt erhielten die Kassen in den Jahren 2022 und 2023 etwa 50.000 Hinweise auf mögliches Fehlverhalten – ein Anstieg von über 20 Prozent gegenüber dem vorherigen Zeitraum. Trotzdem schätzt der Spitzenverband das Dunkelfeld als erheblich ein. Internationale Studien gehen davon aus, dass 5 bis 10 Prozent der Gesundheitsausgaben durch Betrug verloren gehen – was in Deutschland einem zweistelligen Milliardenbetrag entspräche.

Der GKV-Spitzenverband fordert daher:

  • eine zentrale Bündelung der Abrechnungsdaten,
  • den Einsatz Künstlicher Intelligenz zur Erkennung von Mustern,
  • und eine Erweiterung des Schutzes für Hinweisgeber, da nur 20 Prozent der Hinweise aus dem Gesundheitswesen selbst stammen.

Der bislang höchste dokumentierte Schaden von über 200 Millionen Euro unterstreicht die Dringlichkeit, mit schärferen Mitteln gegen Betrug im Gesundheitswesen vorzugehen. Nur so können Mitteln wieder in die medizinische und pflegerische Versorgung zurückfließen.

Quelle: RBB24, www.welt.sn2world.com

 

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